&classes=captionLange Jahre habe ich die Argumente pro und contra Cochlea Implantat hin- und hergewälzt. Bei mir wurde die Entscheidung vorallem dadurch verkompliziert, dass ich unter einer seltenen auditorischen Neuropathie (weitere Quelle) leide. Dadurch hatte ich schon immer ein verglichen zum Hörvermögen mit Hörgeräten sehr schlechtes Sprachverstehen. Dies wurde mir allerdings auch erst bei der CI-Voruntersuchung diagnostiziert. Als dann aus medizinischer Sichts nichts gegen eine OP sprach, habe ich mich nach den langen Jahren des Überlegens schnell dafür entschieden, den Eingriff durchzuführen, auch weil durch die Corona-Pandemie die Kommunikation zunehmend schwierig wird. In diesem Beitrag möchte ich nun beschreiben, wie ich die OP und die ersten Anpassungen erlebt habe.

OP

Bei der CI-Operation muss ein klein wenig vom Schädelknochen weggefräst werden, um Platz für das Implantat zu schaffen. Die Elektrode wird dann in die Cochlea hinein geschoben. Die Spule dient zur Signalübertragung des auf der Haut sitzenden Sprachprozessors. In der Mitte sitzt eine Metallplate, die für magnetischen Halt sorgt. Wie das Implantat aussieht seht ihr im folgenden Bild. Der Schnitt ist heute nur noch ca. 10 cm lang.

Das Implantat

Die OP verlief völlig schmerzfrei, ich konnte direkt nach dem Eingriff wieder laufen und auf ein anderes Zimmer wechseln. Ich hatte nur leichten Schwindel. Am Tag nach der OP wurde die Elektrodenlage kontrolliert und für gut befunden. Nach drei Tagen wurde der Druckverband abgenommen und am fünften Tag durfte ich die Klinik verlassen. Ich war insgesamt drei Wochen krankgeschrieben. Nach ca. einer Woche suchte ich zur Kontrolle nochmal den lokalen HNO Arzt auf, der aber etwas überfordert schien und mich wegen einer Flüssigkeitsansammlung in der Wunde wieder an die Uniklinik verwies. Dort wurde aber nur erneut ein Druckverband angeordnet, den ich dann eine Woche lang tragen musste. Seitdem verheilt die Wunde gut.

Mit der Wundheilung hatte ich aber noch etwas Probleme, was wohl auf meine Brille zurückzuführen ist. An einer Stelle riss die Wunde immer wieder auf und heilte nur langsam. Mit einer Salbe haben die Ärzte das aber nun auch in den Griff bekommen.

OP Pflaster

OP Narbe

Erstanpassung

Nach vier Wochen bekam ich dann den Sprachprozessor von Advanced Bionics, den ganz neuen Naida M90 Prozessor (Erfahrungsberichte YouTube, Text). Ich musste allerdings seitens der Klinik ziemlich Druck machen, dass ich bereits das neue Modell bekomme, weil dort aus purer Unwissenheit noch das Vorgängermodell bestellt worden war.Hier ist meine Erfahrung wirklich, dass man sich selbst informieren sollte und sich auf keinen Fall auf die Aussagen des Klinikpersonals verlassen darf.

Die erste Anpassung verlief problemlos, es dauerte ca. 10min, dann hörte ich erstmals ein Piep über die Elektrode. Das war natürlich eine große Erleichterung, weil ich ja nicht wußte, ob das CI überhaupt funktioniert, abgesehen von postoperativen Tests.

Anfangs war das CI noch sehr leise, wurde aber mit jedem Tag wieder ein Stück lauter. Zwar höre ich noch nicht alle Frequenzen so gut, insbesondere das scharfe ß, aber ich bin mit dem Klang wirklich sehr zufrieden! Es ist - zumindest bei mir - nicht so, dass das CI total komisch und elektronisch klingt. Sondern man hört am Anfang einfach die sehr hohen und tiefen Töne nicht und die Frequenzspitzen klingeln leicht. Das wird aber sehr schnell besser.

Am Ende der Erstanpassung wurde bereits ein Sprachverständnis von 30% beim Oldenburger Satztest festgestellt, gemessen jeweils nur mit CI.

Training und weitere Anpassung

Sprachverständnis-Training ist ein wesentlicher Bestandteil der Reha. Ich ´benutze hier sehr gerne die (langsam gesprochenen) Nachrichten der Deutschen Welle und das Onlöine Programm HearingSuccess von AB. Am Anfang auch die App Asklepios Hörtraining. Letztere ist allerdings relativ einfach gestrickt und man lernt sie schnell auswendig.

Beim ersten Rehatermin nach vier Wochen erzielte ich bereits 50% beim Oldenburger Sprachtest, was ein ganz gutes Ergebnis ist, finde ich. Mit CI habe ich jetzt nur noch einen Hörverlust von 45 dB statt 70 dB.

Der Höreindruck im Alltag ist wesentlich besser, als ich mir das vorher vorgestellt habe, weil das Gehirn die Signale vom Hörgerät und vom CI verschmilzt und so ein einheitlicher Höreindruck entsteht.

Passendes Hörgerät

Hauptgrund für meine Entscheidung pro Advanced Bionics war, dass sie sehr eng mit Phonak zusammenarbeiten und es kostenlos zum CI ein passendes Hörgerät von Phonak gibt, das sich auch mit dem CI kopeln lässt und gemeinsam Bluetooth nutzt. Andere CI Hersteller arbeiten zwar auch mit einem Hörgeräteanbieter zusammen, diese Zusammenarbeit ist aber nicht so eng und man muss die Geräte selber zahlen.

Drei Monate später

Das Hörvermögen mit dem CI entwickelt sich bei mir sehr positiv. Habe ich bei der Erstanpassung im Oldenburger Satztest nur 30% und beim zweiten Termin nach vier Wochen 50% verstanden, habe ich nach drei Monaten bereits 77% erreicht.Die Logopädin ist begsitert, wie gut ich auch bei unbekanntem Kontext verstehe.

ci

In der Praxis verstehe ich die langsam gesprochenen Nachrichten der Deutschen Welle zu 10% mit CI und ich merke, dass dabei immer weniger Konzentration nötig ist und ich auch noch andere Dinge nebenher machen kann. Auch bei den normal gesprochenen Nachrichten der Tagesschau merke ich, dass ich immer weniger auf die Untertitel schaue - hier aber noch im Zusamenspiel mit dem Hörgerät.

Beim Musikhören merke ich inzwischen nur noch geringe Unterschiede. Beim CI fehlt prinzipbedingt etwas Bass, dafür komen die Höhen besser an. DAs Gehirn gleicht diese Unterschiede aber beim binauralen Hören sehr gut an.

In Gesprächen mit Störschall ist es weiterhin schwierig und anstrengend, gut zu verstehen. Im Alltag hilft mir dasCI aber schon sehr, in Videokonferenzen kann ich nun auch mitreden und mich länger auf das Thema konzentrieren. Es gibt aber immernoch Sprecher, die ich sehr schlecht verstehe, was sicher auch an den verwendeten Mikrofonen liegt. IIch bevorzuge Headsets, die direkt vor dem Mund liegen. Der Klang ist wesentlich besser als bei den in Laptops oder in Apples Earpieces eingebauten Microphonen.

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